Ein paar (er)klärende Worte zu meinem Unmut im Handwerk
Zunächst einmal - nach meinem Kickboxtraining und einer Nacht drüber schlafen ist der Puls wieder auf Normalmaß. Und ja, gelinde gesagt die von
@Banane angesprochene Pauschalisierung hätte ich mir sparen können - ist eigentlich nicht mein Ding und in Wirtschaftskunde bin ich auch nicht gut (was die Stammtischparolen angeht, da ich nie in Kneipen gehe kenne ich mich da nicht aus).
Daher möchte ich mich für die Pauschalisierung auch entschuldigen, auch wenn ich von hier keinen persönlich gemeint habe.
Bei der oben genannten Situation haben tatsächlich die Hintergrundinfos gefehlt, dass es bei den zu bearbeitenden Räumlichkeiten um die Privatwohnung des Herrn gingen, in dem Haus ist
nichtmal ein Büro, geschweige denn die Produktion in der Nähe. Wäre es um Firmenräume o.ä. gegangen wäre ich von vornherein davon ausgegangen, dass 3-4 Mitbewerber am Start sind, da dies ja Gang und gäbe ist.
Bei einer Privatperson gehe ich auch davon aus, dass ein 2.tes Angebot vorhanden ist was ich auch als
legitim erachte. Aber mittlerweile ist es leider so, dass ein regelrechter "Angebotstourismus" stattfindet. Neulich stand eine Dame im Büro die ein Angebot über eine Küche haben wollte - unterm Arm einen DIN A4 Leitz Ordner aus dem Sie fix einen Plan zückte und vorlegte wie die Küche auszusehen hatte - ebenfalls nach kurzem Gespräch stellte sich heruas, dass der prall gefüllte DIN A4 Ordner schon 8 Angebote (in Worten ACHT !!! ) über die "Traumküche" beinhaltet; ursprünglich ging ich ja davon aus, dass es halt der PLanungsordner des Hausumbaus sei...
...wie dem auch sei - ich habe kurz mal durchgeatmet, meine Gedanken sortiert und der Frau dann in aller Ruhe erklärt dass wir die Küche als Einzelanfertigung produzieren würden und nicht, wie bei den Küchenstudios einfach mehrere Schränke zusammenklicken und vom Vorlieferanten schon den Preis wissen, daher nimmt eine Kalkulation einer solchen Küche einige Stunden, wenn nicht gar Tage in Anspruch da hier auch Sondermaterialien, Lacke, Küchengeräte etc. angefragt werden müssen.
Ich habe Ihr auch erklärt, dass wir auf gute Qualität schauen und daher preislich nicht mit den günstigen Küchenstudios mithalten können und ich aus diesem Gesichtspunkt von einem Angebot absehe. Die Frau war einsichtig und auch etwas schockiert, dass Sie 2 anderen Schreinern schon solch eine Arbeit aufgehalst hat - Sie war irgendwie der Meinung man würde das halt zusammenklicken und in 1/2 Stunde den Preis wissen.
Die Küche hat Sie dann bei einem Küchenstudio machen lassen, aber Ich durfte Ihr eine Garderobe anbieten da Ihr mein Stil gefallen hat (einige Fotos meines Meisterstücks lagen noch im Büro) und auch fertigen - trotz, dass meine Variante gut 400 € teurer war als die eines Mitbewerbers (naja, er hat halt schlicht und einfach kein Spiegel und kein Licht im Angebot gehabt).
Das Wort
Anerkennung habe ich weiter vorne auch absolut falsch gewählt. Die Anerekennung erhalte ich von alleine wenn Abends der Schrank steht und Kunde oder Kundin nicht mehr aus dem Grinsen raus kommt - das ist für mich Anerkennung genug.
Was ich wirklich meinte ist der
Respekt gegenüber dem Handwerk und auch das
Ansehen welches man als Handwerker wohl irgendwann mal hatte (keine Ahnung wann oder wo das war, muss ich wohl in einer Fabel aufgeschnappt haben).
Bevor es falsch verstanden wird, mit Respekt und Ansehen meine ich nicht "Schau da vorne König Handwerker - schnell, mache einen Knicks" - NEIN!, damit meine ich nur eine "normale Behandlung".
Stand ich doch neulich im Laden als ein Bekannter Zimmermann wohl direkt von der Baustelle kam um sich noch was zu essen zu holen als sich zwei Damen drüber mokierten wie man denn so rumlaufen kann -- Zur Info: Die Hose war etwas staubig, ansonsten normale Zimmererzunft. Da dachte ich echt ich bekomme den Vogel.
Zu Respekt gehört für mich auch, dass man als Privatperson nicht 10 Angebote einholt nur damit sich die "dummen Handwerker" (vorsicht Pauschalaussage, aber so denken manche wirklich) gegenseitig die Preise kaputt machen.
Ebenso gehört für mich zum Respekt, das solche Dinge wie "hättest Du in der Schule halt mehr gelernt" endlich mal aufhören; denn es ist einiges was man im Handwerk zu lernen hat und wissen muss. Ich zum Beispiel bin staatlich geprüfter Holztechniker und Schreinermeister (und auch noch Bürokaufmann) - und würde behaupten ich bin nicht unbedingt schlauer oder dümmer als andere - aber was man teilweiße zu hören bekommt geht echt nicht.
Nehmen wir doch mal mein Gewerk wir Schreiner arbeiten mit:
- Holz & Holzwerkstoffen
- Kunststoffen
- Farben & Lacken
- diversen Klebstoffen
- Metallen
- Verbundwerkstoffe
- Glas
- CAD & CNC Programmen&Maschinen
Sind sozusagen Glaser, Lackierer, Holzbearbeiter, Designer, CNC-Programmierer usw. --- aber "wir hätten halt in der Schule mal besser aufpassen sollen".
Ein weiteres Beispiel: Ein Lehrling der gerade sein Gesellenstück fertiggestellt hat bekommt kaum Beachtung, währen nebenan einer steht der grad mit dem Abi fertig ist und jetzt erstmal 1-2 Jahre eine Auszeit braucht und von allen bewundert wird, dass er jetzt einfach mal nach Australien geht.
Sorry? What?
Dann schaltet man Abends den TV ein kommen doch nur Berichter über die "Murkser und Pfuscher" - sehr cool. Warum es die "Murkser&Pfuscher gibt - diesen Hintergrund will wohl keiner Beleuchten --- ich sage nur "magisches Dreieck"
- Zeit
- Qualität
- Preis
Wähle zwei Faktoren ! Entweder will ich was schnell und es ist teuer, oder ich will was Billig und es hat geringe Qualität oder ich will eben Qualität und zahle auch den Preis dafür.
Ebenso gehört für mich dazu, dass das Handwerk wieder was Wert sein muss - oder zumindest eine Lohngerechtigkeit eintritt.
Im benachbarten Industriebetrieb wird gestreikt, für eine 35 Stunden Woche und 6% mehr Lohn (von denen nun tatsächlich 4% Anfallen).
Da denke ich mir doch Moment ! 35 Stunden Woche - wäre das toll, dann könnte ich ab sofort jede Woche ab Donnerstagmittag Zuhause bleiben. 4% mehr Lohn -- ganz großes Kino, wenn wir im Handwerk mal 1,5-2 % Lohnerhöhung pro Jahr bekommen dann war es das --- na wer merkts? Wie hoch ist die Inflation? Ja im Endeffekt verdienen wir sozusagen jedes Jahr weniger.
Ein Schreinergeselle bekommt im 1.ten Gesellenjahr nach Tarif irgendwas um 13,40 € pro Stunde (ja nur Frisöre verdienen wohl im Handwerk weniger), hat dafür aber ja dann sage und schreibe 26 Tage Urlaub im Jahr und eine ziemlich relaxte 40 + X Stunden Woche. Sage ich das einem ausgelernten Industriemechaniker o.ä. lacht der mich aus.
Tjoa und aktuell wird überall groß geschrieben, dass im Handwerk die Nachwuchskräfte fehlen;
wer bis hierher durchgelesen hat wird sich vielleicht selbst zusammenreimen können waurm keiner mehr ins Handwerk will.
Und aktuell kommen immer mehr Vorschriften und Regelungen auf uns Kleinbetriebe zu die auch nicht dazu beitragen dass wir günstiger Produzieren können wie zum Beispiel:
- Leiterprüfungen
- Prüfung elektrischer Geräte
usw.
Solangsam muss man sich fast noch jemanden einstellen der diese ganzen "Nebenschauplätze" beackert!
Das alles macht mich wütend, oder zumindest traurig!